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Testierfähigkeit

Ein durch eine nicht testierfähige Person geschriebenes Testament ist unwirksam. Die Testierfähigkeit ist von der allgemeinen Geschäftsfähigkeit zu unterscheiden und hat ihre eigenen speziellen Voraussetzungen.

Altersgrenzen für die Testierfähigkeit

Grundsätzlich besteht bei jedem Menschen, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, Testierfähigkeit. Bis zum Erreichen des 16. Lebensjahres dagegen kann ein Testament auch unter Mitwirkung der gesetzlichen Vertreter (z. B. Eltern) nicht erstellt werden.

Wer das 16. Lebensjahr erreicht, aber noch nicht 18 Jahre alt ist, kann lediglich ein notarielles Testament beurkunden lassen.

Keine Testierfähigkeit bei Störung der Geistestätigkeit

Unabhängig vom Alter existieren weitere gesetzliche Gründe, eine Testierfähigkeit abzulehnen. So bestimmt § 2229 IV BGB, dass wer wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit wegen Geistesschwäche oder wegen Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, ein Testament nicht errichten kann.

Voraussetzung zur Erstellung eines Testaments ist also immer auch die Testierfähigkeit des Testierenden. Dabei gibt es keine relative oder abgestufte Testierfähigkeit. Entweder der Erblasser war in der Lage, den Inhalt seiner letztwilligen Verfügung zu verstehen und sich über die Tragweite dieser Anordnung auch für die Betroffenen im Klaren zu sein, oder nicht.

Testierfähigkeit und Demenz*

Im besonderen Maße stellt sich die Frage der Testierfähigkeit in den Fällen von alters- oder krankheitsbedingter Demenz. Kommt es nach dem Tode des Testators bezüglich einer Demenz zu Streitigkeiten, wird – wie in allen übrigen Fällen auch – zunächst davon ausgegangen, dass Testierfähigkeit des Erblassers / der Erblasserin bestand. Es obliegt also im Grundsatz immer demjenigen, der die Testierunfähigkeit wegen Demenz behauptet, diese zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments zu beweisen.

Dabei geht es darum herauszufinden, ob der an einer Demenz erkrankte sich nach dem Gesamtbild seiner Persönlichkeit und seiner geistigen Fähigkeiten ein klares Urteil über die abzuwägenden Gründe bilden konnte. Er musste also in der Lage sein, Informationen aufzunehmen, Ereignisse zu bewerten und die Gründe sowie den Inhalt der letztwilligen Verfügung richtig zu erfassen. Hierzu reicht es beispielsweise aus, dass die letztwillige Verfügung trotz Demenz in einem sogenannten lichten Moment erfolgte.

Die Testierfähigkeit im Gerichtsverfahren

Im Grundsatz geht das Gesetz also davon aus, dass die Testierfähigkeit bei allen Menschen besteht. Derjenige, der diese bezweifelt, muss die mangelnde Testierfähigkeit vor Gericht zunächst beweisen. Gelingt ihm dies beispielsweise für den allgemeinen Zustand des Testators bei Testamentserrichtung, wäre der Gegner in der Beweislast, dass der Erblasser in einem sogenannten lichten Moment handelte.

Ob der Erblasser aufgrund einer Störung seiner Geistestätigkeit, z. B. einer Demenz, testierunfähig war, ist naturgemäß gerade nach dem Erbgang schwer einzuschätzen.

Zur Beurteilung der Testierfähigkeit auch bei Demenz werden vor Gericht in der Regel Zeugen und Sachverständige gehört. Nach herrschender Meinung kann sich der behandelnde Arzt des Erblassers in einem solchen Verfahren nicht auf seine gesetzliche Schweigepflicht gegenüber dem Toten berufen.

Für eine Person, bei der Zweifel an der Testierfähigkeit bestehen, sollte ein Attest des behandelnden Arztes unmittelbar vor Erstellung des Testamentes eingeholt werden. Steht der Testierende unter Betreuung, hat der Betreuer in keinem Fall die Möglichkeit auf die Änderung oder Aufhebung des Testaments durch den Betreuten Einfluss zu nehmen. Es ist schlichtweg eine Frage des Geisteszustands des Betreuten, ob dieser testieren darf oder nicht.

Geschäftsfähigkeit beim Erbvertrag

Im Gegensatz zum Testament ist beim Erbvertrag nicht auf die Testierfähigkeit, sondern auf die allgemeine Geschäftsfähigkeit abzustellen. Einen Erbvertrag als Erblasser kann nur derjenige schließen, der unbeschränkt geschäftsfähig, also insbesondere volljährig ist.

Beschränkt geschäftsfähige bzw. geschäftsunfähige Personen können keinen Erbvertrag schließen. Hiervon besteht lediglich eine Ausnahme für Verheiratete und Verlobte, wo auch beschränkt geschäftsfähige Personen mit Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters einen Erbvertrag schließen können.

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*Demenz
Der Begriff Demenz steht als Überbegriff für verschiedene Erkrankungen. Er bezieht sich auf solche Erkrankungen, die eine Veränderung der Persönlichkeit zur Folge haben oder aber mit dem Wegfall der geistigen Fähigkeit zusammenhängen. Die häufigste und bekannteste Form einer Demenzerkrankung ist die Alzheimer-Krankheit. Je älter man wird, desto mehr steigt die Wahrscheinlichkeit einer demenziellen Erkrankung, wobei Frauen häufiger betroffen sind als Männer. Erste Anzeichen für eine Demenz äußern sich zunächst durch eine Verschlechterung des Kurzzeitgedächtnisses sowie der Merkfähigkeit. Demenzkranke haben zudem häufig Probleme mit ihrer Orientierung oder entwickeln eine Sprachstörung. Dies sind Folgen einer Verringerung der Gedächtnisleistung. In Deutschland leiden nach Schätzungen über 1 Millionen Menschen an dieser Krankheit.